Der Mensch ist verschieden : Dreiunddreißig Charaktere

Köhlmeier, Michael, 2017
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Medienart Buch
ISBN 978-3-7099-7269-4
Verfasser Köhlmeier, Michael Wikipedia
Verfasser Helfer, Monika Wikipedia
Systematik DR - Romane, Erzählungen, Novellen
Schlagworte Charaktere
Verlag Haymon
Ort Innsbruck
Jahr 2017
Umfang 105 S.
Altersbeschränkung keine
Auflage 1. Aufl.
Sprache deutsch
Verfasserangabe Michael Köhlmeier ; Monika Helfer
Annotation Quelle: Pool Feuilleton;
Wie alle Wirtschaften der Globalisierung und des Postkapitalismus leidet auch die Literaturwirtschaft unter zunehmender Brutalität. Schriftsteller, die nicht ununterbrochen produzieren und etwas ausspucken, verschwinden genauso vom Markt wie Verlage, die etwas Überraschendes publizieren. So kommt es also vermehrt zur sogenannten Standby-Literatur. Dabei zeigen Verlage, dass sie nichts Neues vorhaben und jemandem im Leer-Programm noch immer die Stange halten, und die Autoren zeigen, dass sie noch am Leben sind.
Michael Köhlmeier und Monika Helfer haben aus dieser literarischen Depression das Beste gemacht, im Sinne von Standby-Literatur haben sie 33 Petitessen verfasst, worin skurrile Menschentypen vorgestellt werden.
Bei genauerem Hinsehen handelt es sich bei allen Charakteren um eine spezielle Art der Depression, die Typen haben nicht nur einen Huscher, sie leiden auch daran. Die Schicksale sind sauber gegendert, was heißen soll, der Klopfer auf den Kopf trifft Männer und Frauen gleichmäßig.
Am Beispiel des Gewohnheitsmenschen lässt sich zeigen, wie diese Minibiographien angelegt sind. Jemand ist so feinfühlig, dass er etwas bereits eine Gewohnheit nennt, wenn er es zum zweiten Mal ausführt, andererseits macht der Gewohnheitsmensch religiös weiter, obwohl er aus der Kirche ausgetreten ist. Im radikalsten Sinn versucht der Gewohnheitsmensch durch Ritualisierung seinen Missbrauch an Phantasie zu zügeln, er wirft etwa täglich zur bestimmten Zeit ein Steinchen in den Hof, holt es wieder und legt es für den nächsten Tag bereit. (7)
Die angeknacksten Typen sind untereinander weitschichtig verwandt, so setzt der Abgestumpfte dort fort, wo der Gewohnheitsmensch aufhört, der Abgeklärte hat indirekt mit einem Frauensammler zu tun, der Nimmersatte schwappt eines Tages in den Extremen über.
In einen eigenen Sammelkanal sind schließlich die leidenden Schicksale zusammenzufassen, die Magersüchtige, die Schweigerin, die Kraftlos-Begabte deuten an, dass mit ihnen nicht gut Kirschen essen ist, wehe, wer mit so jemandem zusammenwohnen muss. Manche Leser beklagen an dieser Stelle, dass sie die Ehekrise eines schreibenden Autorenpaares auslöffeln müssen.
Sehr optimistisch geht jedenfalls dieses Rollenspiel für Schreibwerkstätten zu Ende. Das letzte Kapitel handelt von den Affen, die alle diese menschlichen Eigenschaften wohldosiert in einem Affenleben aufnehmen können. Im sprichwörtlichen Affenbrunnen können Verliebte ihr Schicksal erkennen, indem sie auf den Grund des Brunnens blicken. Der kluge Affe hingegen geht zum Brunnen uns säuft ihn samt allen Trugbildern aus.
So soll man als Lese-Affe vielleicht auch diese Geschichten nehmen, sie einmal durchblättern und aussaufen und die leere Buchhülle hinten hinunterkippen.
Helmuth Schönauer

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